Haupt-Seiteninhalt

Eine von uns: die Frauenrechtlerin Mathilde Franziska Anneke (1817-1884)

Veröffentlicht am
Text

Geboren und aufgewachsen ist sie anfänglich auf dem westfälischen großväterlichen Gut, später dann in Blankenstein an der Ruhr und in Hattingen.
Mit 19 Jahren heiratet sie den zehn Jahre älteren adligen Weinhändler Alfred von Tabouillet. Dieser ist ein Trinker und schlägt sie, während sie schwanger ist. Diese gewaltsamen Erfahrungen führen dazu, dass sie sich trennt und die Scheidung einreicht. Der Scheidungsprozess geht für sie unglücklich aus. Mathilde wird zwar geschieden, aber sie erhält wegen „böslicher Verlassung“ ihres Ehemanns die Alleinschuld am Zerbrechen der Ehe. Sie sieht sich klar als Opfer der preußischen Justiz und kommt zu der Erkenntnis, dass die Lage der Frauen eine absurde und der Entwürdigung der Menschheit gleichbedeutend sei.
Mathilde zieht nach Wesel und später nach Münster. Als alleinerziehende Mutter versucht sie sich und ihre Tochter mit Veröffentlichungen über Wasser zu halten. In dieser Zeit gibt sie u.a. zwei Gebetsbücher für die christ-katholische Frauenwelt und Jahrbücher heraus. Für ihre Jahrbücher schreibt u.a. Annette von Droste-Hülshoff. Trotzdem wird sie von den Kreisen der sog. „guten Gesellschaft“ aufgrund ihrer Scheidung gemieden. Das politisiert Mathilde noch mehr und führt dazu, dass sie zu einer demokratisch gesinnten Freidenkerin wird. So trifft sie in einem liberalen Debattierclub ihren zukünftigen Ehemann Fritz Anneke. Dieser ist ein junger Offizier a.D. und ein Verfechter demokratischer Ideen. Geheiratet wird 1847. Noch im gleichen Jahr ziehen beide nach Köln um. Ihre dortige Wohnung wird zum Zentrum für oppositionelle und demokratische Schriftsteller*innen und Journalist*innen wie beispielsweise Georg und Emma Herwegh oder Karl Marx. Außerdem veröffentlicht Mathilde Franziska Anneke noch im selben Jahr ihre Streitschrift zur Verteidigung von Louise Aston, „Das Weib im Conflict mit den socialen Verhältnissen“. Nach der Verhaftung ihres Mannes als Oppositioneller durch die preußischen Behörden übernimmt sie erst die Redaktion der gemeinsam geplanten Zeitung „Neue Kölnische Zeitung“. Diese soll als Sprachrohr der Kölner Arbeiter*innnen dienen. Allerdings wird sie schnell durch die Zensur verboten. Daraufhin bringt Mathilde die erste Frauenzeitung (revolutionäre Frauen-Zeitung) heraus. Nach der zweiten Ausgabe wird auch diese verboten. 
Als 1848 die Revolution in Baden ausbricht, folgt sie ihrem Mann auf den Feldzug als Ordonnanzoffizier und berittener Kurier. Daraus entsteht 1853 die Veröffentlichung „Memoiren einer Frau aus dem badisch-pfälzischen Feldzug". Nachdem die Preußen die Festung Raststatt eingenommen haben, flieht die Familie in die USA und lässt sich in Milwaukee, Wisconsin nieder. Beide kämpfen weiter für ihre politischen Ziele und setzen sich nun auch gegen die Sklaverei ein. Mathilde gründet u.a. 1852 die Deutsche Frauen-Zeitung und hält zahlreiche Vorträge u.a. über das Recht der Frau auf Arbeit oder das Wahlrecht für Frauen. Sie bekommt weitere Kinder. Die Ehe mit Fritz Anneke wird komplizierter. Beide trennen sich, bleiben aber freundschaftlich verbunden. Mathilde verliebt sich in die Schriftstellerin Mary Booth. Sie führen eine Art Boston Marriage und leben fünf Jahre mit den Kindern zusammen in Zürich. Dort versucht Mathilde die Familie als Schriftstellerin und Journalisitin zu ernähren. Nachdem Mary todkrank wird, geht sie zurück in die USA. Sie stirbt – Mathilde überwindet diesen Tod nie ganz. Trotzdem verliebt sie sich neu in die Schweizerin Cäcilie Kapp. Zusammen gehen sie mit den Kindern zurück nach Milwaukee. Dort gründen sie eine äußerst progressive Schule für Mädchen: Das Milwaukee Töchter-Institut. Dort werden Mädchen auch in den Fächern Mathematik und Physik unterrichtet. So will Mathilde die heranwachsende Frauengeneration für ein gleichberechtigtes Leben vorbereiten.
Anlässlich ihres 200. Geburtstages bietet der Kölner Frauengeschichtsverein eine einmalige Kostümführung mit Ina Hoerner in Köln unter dem Titel "200 Jahre Mathilde Franziska Anneke – Begegnungen mit einer Revolutionärin" an. i.d.a. berichtete bereits dazu auf dieser Webseite, unter der Rubrik Termine. Und auch belladonna in Bremen hat Mathilde Franziska Anneke zu ihrer „Historische Frau des Monats August“ gekürt. Nachzulesen auf der belladonna-Webseite

Teilen auf