Haupt-Seiteninhalt

Follow the rabbit

Veröffentlicht am
Text

Am 15. und 16. Juni fand der 11. Workshop der Archive von unten statt. Dieses Treffen der Bewegungsarchive wird seit 2003 ausgerichtet. Vom ersten bis zum neunten Treffen war das Archiv Grünes Gedächtnis der Gastgeber. 2017 fand das Treffen nun zum zweiten Mal (nach 2016) im Archiv der Jugendkulturen statt. Ein Blick in die Workshop-Historie zeigt: nicht erst heute steht Digitalisierung auf der Tagesordnung. So wurde 2012 die Frage diskutiert: Wie könnte ein digitales Archiv freier Archive aufgebaut werden und was ist dafür nötig?
Diese Frage bewegte Bewegungsarchive seither weiter, Antworten und Erfahrungen gibt es mittlerweile zuhauf. 2017 eröffnete Dr. Katrin Lehnert mit einem Input zum Thema das Treffen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der DDF-Geschäftsstelle und verantwortlich für die Rechteklärung des DDF-Portals. Ihr Input stieß auf viele Nachfragen und großes Interesse, so das bereits klar ist: das Thema ist für das nächste Jahr wieder gesetzt, die neusten Informationen sollen dann wieder geteilt werden.

Viele Archive des i.d.a.-Dachverbandes, die im Rahmen des DDF-Projektes derzeit Material digitalisieren, waren beim Workshop dabei: aus Kassel das Archiv der deutschen Frauenbewegung, aus Bremen belladonna, aus Leipzig MONAliesA sowie die Archive FFBIZ und GrauZone aus Berlin. Doch die Digitalisierung bewegt nicht nur die i.d.a.-Archive, sondern alle: Digitalisierung steht auf jeder Tagesordnung! So erhält das Archiv der Jugendkulturen seit 1. April 2017 für neun Monate Förderung vom Bundeministerium für Bildung und Forschung für die Entwicklung eines Konzeptes zur Digitalisierung von Fanzines als Artefakte jugendkultureller Praxen. In einem anderen Projekt entsteht eine Bedarfsanalyse für einen digitalen Service für Geflüchtete und Unterstützer*innen.
Archive sind nicht nur Erinnerungsorte, sondern Knotenpunkte lebendiger aktueller Bewegungen. Und: Feminismus bewegt und ist in Bewegung. So haben auch die Fanzines, die das Archiv der Jugendkulturen sammelt, oftmals einen queeren oder queer-feministischen Hintergrund: „In diesen Zines geht es oft um sexuelle Selbstbestimmung. Sie behandeln Themen wie Sexismus, Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit in der Gesellschaft, Konsum- und Kapitalismuskritik, Liebe und Beziehungen, psychische Gesundheit, Körper und Identität, aber auch pop- und subkulturelle Themen“. Durch die Präsenz der Frauenarchive und im Austausch wurde beim Workshop deutlich: auch in vielen anderen Archiven lagern Schätze feministischer Bewegungen. Sie warten darauf, gehoben zu werden – eine wichtige Erkenntnis für die Weiterentwicklung und Fortsetzung des DDF-Projektes nach 2019.
Das Projekt, Frauengeschichte aufzuarbeiten, ist längst nicht abgeschlossen und erscheint bisweilen als Sisyphos-Arbeit: Was einmal gewusst wurde, muss immer wieder neu erinnert werden. In einem Zeitzeuginnen-Interview des Archivs Grünes Gedächtnis erzählt die Feministin Mechtild M. Jansen von Aktionen der Frauenbewegung in Frankfurt a.M. Anfang der 1980er und stellt fest, dass solche Bewegungsgeschichte oft vergessen ist: „Das fand ich immer interessant, was Frauengeschichte betrifft. Jeder Kaninchenzüchterverein ist da besser dokumentiert. Du machst das alles. Du machst die Aktion. Dann bist du durch. Dann hast du ein anderes Thema – und keiner weiß mehr was davon.“ Vom Kaninchenzüchterverein lernen heißt siegen lernen!? Es ist wirklich höchste Zeit, dass das DDF-Portal online geht. Follow the rabbit!

Teilen auf