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8. MÄRZ: INTERNATIONALER FRAUENTAG

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Debatten, Demonstrationen, Durchbrüche und Edith Piaf: Der Internationale Frauentag wird seit über 100 Jahren auf ganz unterschiedliche Weise begangen. Schaut mit uns auf diese lange Geschichte und feiert mit.

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Der Internationale Frauentag am 8. März hat bereits eine lange Tradition. Er wurde in Europa 1911 erstmals begangen und ist seit über 100 Jahren ein Symbol für den Kampf um Gleichberechtigung, Frieden und die Rechte von Frauen weltweit. Eingeführt auf der "II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz" 1910 in Kopenhagen, diente er zunächst vor allem der Agitation für das Frauenwahlrecht und wurde im Kaiserreich in erster Linie von sozialdemokratischen Verbänden und Gewerkschaften getragen. In der Weimarer Republik gewann er durch den Aufstieg der NSDAP an Bedeutung: Er wurde zum Kampftag gegen den Faschismus. 1933 wurde er sofort verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg prägten die Spannungen des Kalten Krieges auch die Begehung des Internationalen Frauentags in den beiden deutschen Teilstaaten DDR und BRD. Während er in der DDR als Ehrentag für Frauen gefeiert wurde, geriet er in der Bundesrepublik zunächst in Vergessenheit, bevor ihn die autonome Frauenbewegung in den 1980er-Jahren als Kampftag wiederbelebte. Seit der Wiedervereinigung wird der 8. März zunehmend vielfältig begangen: als Protest- und Kampftag ebenso, wie als Ehrentag für Frauen und als zunehmend kommerzialisiertes Spektakel. In Berlin ist er zudem seit 2019 gesetzlicher Feiertag.

Wir möchten 2025 die Gelegenheit nutzen, nicht nur auf historische Errungenschaften zurückzublicken, sondern den Blick auch auf die aktuellen Herausforderungen zu richten. In einer Zeit, in der Frauenrechte wieder verstärkt unter Druck geraten, bleibt der Tag von hoher Relevanz. Die i.d.a.-Einrichtungen bieten eine besondere Perspektive: Sie verknüpfen die historische Dimension der feministischen Kämpfe mit denen der Gegenwart und eröffnen so neue Möglichkeiten für die Zukunft.

Wir laden euch herzlich ein, zu stöbern:

Gosteli Archiv

Bildunterschrift
Die Frau in Leben und Arbeit 18/4, April 1946 // Bild: AGoF TN016 Teil 1

Am 8. März 1946 wurde wie in vielen Städten auch in Lausanne erstmals nach dem zweiten Weltkrieg der internationale Frauentag wieder gefeiert. Die Zusammensetzung war atypisch: Während in der Schweiz vor dem zweiten Weltkrieg ausschliesslich Linke den Tag feierten, kam an diesem ersten Frauentag nach langer Durststrecke eine bisher ungesehene politische und gesellschaftliche Breite zusammen. Das hat wohl auch damit zu tun, dass in Lausanne dieser Tag im Zeichen des Friedens stattfinden sollte und Auftakt zur Aktion «Cadeau de la paix aux enfants victimes de la guerre» bildete. Und eine Spezialgästin sorgte wohl auch für grossen Andrang: Edith Piaf. 

Die Schweizer Sozialdemokratinnen riefen in ihrer Zeitung «Die Frau in Leben und Arbeit» infolge des ersten internationalen Frauentags nach dem zweiten Weltkrieg zur Wiederherstellung der Fraueninternationalen auf. Sie feierten die Frauen, die am Gewerkschaftskongress teilnahmen.

Und auch im Gosteli-Archiv gibt es was zu feiern: Soeben wurden die ‘Thematischen Notizen’ fertig erschlossen. Das ist eine reiche Sammlung zu den verschiedensten Themen der Frauengeschichte ab 1868. Darin findet man Dossiers zum Interkulturellen Frauentreff karibu, über die Hauswirtschaft bis zu den Olympischen Spielen. Und eben auch ein reichhaltiges Dossier zum Internationalen Frauentag! Die Sammlung der thematischen Notizen wurde bis ins Jahr 2023 vom Gosteli-Archiv angereichert und ist nun erschlossen und recherchierbar!

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AddF

Barfüßig im schwarzen Kleid - Heraus für Frauenrechte!

1911 wurde der Internationale Frauentag aus der Taufe gehoben und begann seinen bis heute andauernden Siegeszug rund um die Welt. Deutschland – damals Kaiserreich – war von Anfang an dabei, schließlich war es Clara Zetkin gewesen, die die Anregung der US-Amerikanerinnen[1] Theresa Malkiel[2] und May Mood Simons[3] nach Europa holte und hier groß machte.

Gerade der Frauentag zeichnet sich durch eine interessante Bildsprache aus, die das, warum es ging, fulminant unterstrich. Denn der Frauentag wurde ins Leben gerufen, um das Frauenwahlrecht zu fordern. Besonders deutlich und bis heute ikonisch gelang dies einem Plakat von 1914. Eine barfüßige Frau in einem langen schwarzen Kleid und einer großen in einer S-Kurve schwingenden roten Fahne ist darauf zu sehen und darüber der Schriftzug: Heraus mit dem Frauenwahlrecht! 

Dieses Plakat, gestaltet von Karl Maria Stadler, wurde bereits in seiner Zeit sehr bekannt – denn es wurde erst einmal verboten. Die Berliner Polizei untersagte die Plakatierung, denn es sei „beleidigend für die Obrigkeit.“[4] Diese Argumentation ist erstaunlich, denn das Plakat richtet sich nur indirekt an die Obrigkeit, viel wahrscheinlicher ist es, dass es die eindeutig sozialistische Grafik war, die der Berliner Polizei aufstieß.

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[1]              Vgl. auch den Info-Post von @frauenvondamals zum 8. März 2024, https://www.instagram.com/frauenvondamals/p/C4Hw3SjtHvs/?img_index=1

[4]              Internationaler Frauentag. Tag der Frauen seit 75 Jahren, hrsg. von Gudrun Hamacher /Gisela Losseff-Tillmanns: Vorstand der Industriegewerkschaft Metall Frankfurt a. M., Frankfurt a. M. Selbstverlag 1985, S. 39. 

Bildunterschrift
Individuelle Briefmarke der DGB-Frauen zum 100. Jubiläum des Internationalen Frauentags 2021, RRF – Rechte vorbehalten.

LOPG

90 JAHRE Internationaler Frauentag. Wie wurde er, wie wird er heute begangen?
Quelle
Louise-Otto-Peters-Archiv
"...ohne zu dichten, konnte ich nicht leben." Aus dem poetischen Tagebuch der Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters
Quelle
Louise-Otto-Peters-Archiv

Einladungen zu Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag 2001 und 2002 von der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V.

1911 wurde der Internationale Frauentag zum ersten Mal in Österreich, Deutschland und der Schweiz begangen. Seitdem gehen tausende Frauen Jahr für Jahr auf die Straße, um für eine gleichberechtigte Gesellschaft zu kämpfen. Neben Kundgebungen und Demonstrationen fanden und finden auch Veranstaltungen statt, in denen Frauen* über vergangene frauenpolitische Entwicklungen und aktuelle frauenpolitische Themen diskutieren sowie gemeinsame Forderungen aufstellen. Damit werden Frauenbündnisse gefestigt, das Bewusstsein des eigenen Frau-Seins in Vergangenheit und Gegenwart geschärft und auch Bildungsarbeit geleistet.

Der Frauenbildungsverein in Leipzig richtete schon seit seiner Gründung 1865 mit den „Abendunterhaltungen“ solche Veranstaltungen aus. Bei einem künstlerischen Rahmenprogramm wurde von Frauen über Aktuelles, Vergangenes und Zukünftiges referiert und diskutiert - immer mit dem Fokus auf die Stellung der Frau zu diesen Themen. So schufen sich Leipzigerinnen im 19. Jahrhundert selbst einen Raum, in dem sie sich solidarisieren, austauschen und weiterbilden konnten. 

Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 knüpft die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. an diese Idee an und lud schon zu zahlreichen Abendunterhaltungen ein. So auch anlässlich des Internationalen Frauentages 2001. Am 04.03.2001 wurde unter der Überschrift „90 Jahre Internationaler Frauentag. Wie wurde er, wie wird er heute begangen?“ zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Auch 2002 veranstaltete die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. anlässlich des Internationalen Frauentages eine „literarisch-musikalische Veranstaltung“ im Schumann-Haus unter dem Motto „…ohne zu dichten konnte ich nicht leben“, die dem poetischen Schaffen Louise Otto-Peters gewidmet war. Die Tradition der Abendunterhaltung wird bis heute von der LOPG e.V. aufrecht erhalten

Mehr zur LOPG

FMT

Den „Aufruf zum Internationalen Frauentag“ der Frauenbefreiungsgruppe Aktion 218 München von 1972 prägten Enttäuschung und Wut. Das Jahr 1971 hatte einen Meilenstein im Kampf um den eigenen Körper markiert. In einer aufsehenerregenden Aktion bekannten 374 Frauen, abgetrieben zu haben – in der Titelstory der Wochenzeitschrift "Stern" vom 6. Juni 1971, dem Abtreibungsverbot gemäß § 218 Strafgesetzbuch zum Trotz. Die von Alice Schwarzer initiierte Selbstbezichtigungskampagne war der Auftakt zu bundesweiten Protestaktionen. Deutschlandweit gründeten sich Frauengruppen, sammelten Unterschriften und diskutierten dabei in den Fußgängerzonen der Republik über das Recht auf Abtreibung, so zum Beispiel die Sekretärin Gisela Schneider aus Köln. Schon im Juli 1971 hatten die Aktivistinnen 2.345 weitere Selbstanzeigen von Frauen, sowie 86.000 Solidaritätsbekundungen von Männern und Frauen gesammelt, die sie Bundesjustizminister Gerhard Jahn (SPD) übergaben. Am 10. Juli 1971 kamen 96 Delegierte aus 20 Städten zur ersten Delegiertenversammlung der Aktion 218 zusammen. Demo-Aufrufe zeigen Minister Jahn mit Schwangerschaftsbauch und dem Schriftzug „…dann hätte er den 218 längst abgeschafft.“ 

Die in dieser Form in der Bundesrepublik noch nie dagewesenen Proteste zeigten Wirkung, doch das Ergebnis war ernüchternd: Das vom Justizministerium eingebrachte Reformgesetz blieb weit hinter den Forderungen der Frauenbewegung zurück. Statt der gewünschten völligen Abschaffung von § 218 sah er nur eine enge Indikationslösung vor, d.h. Abtreibung war nur erlaubt bei Gefahr für das Leben der Mutter, nach Vergewaltigung oder bei Behinderung des Fötus. Nach weiteren Protesten nahm die von SDP und FDP geführte Regierung zumindest die soziale Notlage der schwangeren Frau als zusätzliche Indikation in den Kabinettsentwurf auf. Die Frauen waren enttäuscht, wollten aber nicht aufgeben. Davon handelt auch unser Fundstück: Die Frauenbefreiungsgruppe Aktion 218 München schrieben in ihrem „Aufruf zum Internationalen Frauentag“ von 1972: „Damit ist die Sache gelaufen“. Gleichzeitig blickten sie nach vorn: „Was das für uns heißt, ist klar: Schließen wir uns zusammen. Treten wir aus der Anonymität der Unterschreibenden. Bilden wir Gruppen, die stark genug sind, unsere Forderungen durchzusetzen und zu beweisen, dass wir nicht Willens sind, weiterhin über unsere Köpfe hinweg regiert zu werden.“

Mehr zum FMT

Aufruf zum Internationalen Frauentag
Quelle
Frauenmediaturm – Feministisches Archiv und Bibliothek

Aufruf zum Internationalen Frauentag 1972

Aktion 218
Quelle
Frauenmediaturm – Feministisches Archiv und Bibliothek

Flugblatt der Aktion 218 von 1971

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