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Abschied von Maria Luise Bertram (1929-2022)

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„Ich bin zufrieden und kann mich wohlfühlen“, schrieb Maria Luise im November 2021, nachdem sie aus ihrer Wohnung in ein Seniorenheim gezogen war, das war kurz vor ihrem 92. Geburtstag. Mit dem Laufen wollte es nicht mehr klappen und das war wohl der Grund, die eigene Wohnung auf- und sich in professionelle Obhut zu begeben. Sie nahm es positiv und bezog diese letzte Station im Rollstuhl, der ihr bei allen Einschränkungen doch Mobilität gewährleistete. Physisch wie geistig war sie weiterhin unterwegs, eine Frau der Tat, wie immer schon. Doch nun erreicht uns die Nachricht, dass Maria Luise Bertram am 6. Juli gestorben ist.
Viele Jahre trafen wir uns alljährlich beim i.d.a.-Frauenarchivetreffen. Sie vertrat die Augsburger Frauenbibliothek Avalon, war aber in ihrer Wahlheimat – sie kam, am Sprachklang unschwer zu erkennen, aus Norddeutschland – noch in manch anderer Hinsicht engagiert. Mit dem Arbeitskreis Frauengeschichte erarbeitete sie Stadtrundgänge und Publikationen zu den Themen, die sie vor allem bewegten: der Nationalsozialismus und der Widerstand dagegen. Und so gehörte sie natürlich auch zur Initiative für die ersten Stolpersteine in Augsburg.
Im AddF hatten wir aber die Freude, noch eine andere, nämlich die junge Maria Luise kennen zu lernen. Da hieß sie noch Kiki Eggner, wurde aus Braunschweig in die Kinderlandverschickung in den Harz geschickt und schrieb dabei Tagebuch. Diese Tagebücher aus den Jahren 1944-1946 hat sie dem AddF überlassen. 1953 begleitete sie frisch verheiratet ihren Mann bei einem einjährigen Aufenthalt in den USA. Dort lernte sie Julie Braun-Vogelstein (1883-1971) kennen, eine Kunsthistorikerin, Journalistin und Schriftstellerin, die unter anderem eine Biografie über Lily Braun publiziert hatte. Daraus ergab sich eine über zwanzig Jahre währende Korrespondenz, auch diese Briefe liegen inzwischen im AddF. So gibt es Vieles, was uns noch lange an Maria Luise erinnern wird, in Vergessenheit geraten wird sie ganz gewiß nicht. Vermissen werden wir sie trotzdem! Cornelia Wenzel und das Leitungsteam des AddF Dieser Beitrag erschien zunächst auf www.addf-kassel.de.

 

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