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11. Mai - Tag der Frauenarchive

Teasertext

Jährlich am 11. Mai feiern die i.d.a.-Einrichtungen den Tag der Frauenarchive. Zum diesem Anlass geben sie hier Einblicke in Quellen, die über ihre eigene Geschichte und ihre Erfolge berichten.

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Seit 1988 gibt es den Tag der Frauenarchive. Als Datum wurde dafür der 11. Mai gewählt – der Geburtstag der jüdischen Lyrikerin Rose Ausländer. Anfangs von wenigen Archiven als Tag der offenen Tür begangen, wird der 11. Mai heute von vielen i.d.a.-Einrichtungen ganz unterschiedlich mit Inhalten und Veranstaltungen gefüllt. Denn an diesem Tag geht es nicht nur um die zahlreichen Schätze, die sich in den Archivkisten verbergen, sondern auch um die Archive selbst. Jedes Jahr rückt er die Einrichtungen in den Mittelpunkt und gibt Gelegenheit, die Arbeit und Bedeutung feministischer Erinnerungseinrichtungen zu würdigen und in die Öffentlichkeit zu tragen. 

In diesem Jahr können wir nicht nur die wichtige und alltägliche Arbeit der Archive hervorheben, sondern auch zahlreiche Jubiläen feiern! Auch der i.d.a.-Dachverband selbst kann in diesem Jahr auf 30 Jahre Dachverband und über 40 Jahre Vernetzungsarbeit auf den Frauenarchivetreffen zurückblicken.

Die Materialien aus unseren i.d.a.-Einrichtungen erzählen die spannende Geschichte der Frauenarchive. Von diskussionsreichen Gründungsgeschichten über die Suche nach geeigneten Räume bis zu glanzvollen Eröffnungen – die Erinnerungen sind so divers wie die Einrichtungen selbst.

belladonna

30 Jahre i.d.a. 
Die Gründung als Spannungsfeld zwischen Skepsis und Chancen

i.d.a. steht für ‚informieren‘, ‚dokumentieren‘, ‚archivieren‘ und ist der Dachverband der deutschsprachigen Lesben-, Frauenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen. Die Gründung fällt auf den 24.04.1994 und wird während des 22. Lesben- und Frauenarchivetreffens in Bremen mit einer soliden Mehrheit beschlossen.                                                                                                   Dieser Entwicklung gingen jedoch kontroverse Diskussionen bei den Archivetreffen in den frühen 90er Jahren voraus: einerseits der Wunsch nach einer kämpferischen und fachspezifischen Vernetzung und andererseits die Angst die eigene Autonomie zu verlieren und vom Dachverband vereinnahmt zu werden. 

Weitere unzählige Fragestellungen, womit sich die Archive beschäftigten: 

  • die prekäre finanzielle, aber auch organisatorische Situation der zumeist autonomen Archive
  • mit dem standardisierten Vorgehen innerhalb der feministischen Archivarbeit
  • mit dem Kampf um Sichtbarkeit und Anerkennung gegen institutionelle und konventionelle Gedächtniseinrichtungen 

Nach ca. zehn Jahren Archivetreffen im deutschsprachigen In- und Ausland mit intensivem Austausch kam im April 1993 von der Arbeitsgruppe Thesaura der Vorschlag, einen Dachverband zu gründen. Dieser, zunächst noch mit Namen E.F.A. - Erschließen, Forschen, Archivieren[1] bezeichnete Dachverband, sollte es, den noch losen miteinander arbeitenden Archiven ermöglichen, größere Sichtbarkeit zu erlangen und gleichzeitig Fördersummen auf Bundesebene zu beantragen. An diesem Treffen in Berlin und dem darauffolgenden in Leipzig wurden ein Für und Wider einer Dachverbandsgründung diskutiert. Bei aller Differenz erkannten die Archivefrauen die Chancen, dass durch den Dachverband die Sichtbarkeit der Archive potenziert werden könnte und dadurch finanzielle Mittel  mehr zur Verfügung stünden

Nach der Namensänderung im Oktober 1993 in i.d.a., erfolgte die Gründung des Dachverbandes 1994 in Bremen zu i.d.a. Dachverband der deutschsprachigen Lesben- /Frauenarchive und -bibliotheken[2]       Vielleicht ist es mit der anfänglichen Skepsis der teilnehmenden Projekte zu erklären, warum die belladonna Pressemeldung nur einen Satz zur Gründung des Dachverbandes i.d.a enthielt: 

„An diesem Wochenende soll in Bremen der Dachverband dieser Archive und Frauenbibliotheken gegründet werden.“[3]

Retrospektiv lässt sich feststellen, dass die i.d.a Gründung sich mehr als gelohnt hat. Denn i.d.a e.V. entwickelte eine feministische Online-Suchmaschine META und gründete das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) für die feministische Geschichtsforschung im deutschsprachigen Raum. Die intensive Vernetzung, der fachliche Austausch, die wertvollen Projekte, die aus i.d.a. e.V. und dem DDF entstanden sind, stehen für fulminante Erfolge und für die Sichtbarkeit der i.d.a Einrichtungen. 

Deshalb: Herzlichen Glückwunsch i.d.a. zum 30. Geburtstag!

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[1] S. 6, Protokoll des 19. Archivetreffen der Frauenarchive und Frauenbibliotheken im deutschsprachigen Raum vom 23.04. bis 25.04.1993 an der Humboldt- Universität zu Berlin

[2] S. 21 Protokoll zum Archivetreffen 1994 in Bremen

Bildunterschrift
Pressemitteilung zur Archivetagung in Bremen 1994
Bildunterschrift
Ida Dümke, Fanfaren-Bläserin

Archiv Frau und Musik

Ida trifft auf i.d.a. - Vorstellung eines besonderen Stücks Musikgeschichte

Im Archiv Frau und Musik – einem der größten Frauenmusikarchive weltweit – findet sich auch die größte Postkartensammlung zum Thema Damen(blas)kapellen in insgesamt fünf Klappordnern, die im Rahmen unseres DDF-PARFUMO-Projekts 2019 in großen Teilen digitalisiert werden konnten. In der Kaiserzeit waren solche Gruppen im Unterhaltungssektor unglaublich beliebt und tingelten durch die Lande zu Jahrmärkten, Caféhäusern und anderen Lokalitäten. Diese Gruppen waren die einzige Möglichkeit für Frauen, ein Blasinstrument aus der Sparte der ‚männlich‘ geprägten Instrumente zu erlernen und zu spielen, da ihnen die Mitwirkung in klassischen Orchestern verboten war.

Eine der beeindruckendsten Postkarten aus dieser Sammlung ist die der Trompetistin Ida Dümke, die aus einer musizierenden Familie aus Aschau im bayerischen Hochgebirge stammte, hier im Bild aus der Zeit um 1900 mit einer Fanfare zu sehen. Als es die Frankfurter Buchmesse noch gab, war „unsere“ Ida immer mit dabei: Ihr großformatig ausgedrucktes Bild begrüßte die Menschen aus aller Welt an unserem Stand, die – oft durch Ida Dümkes Aussagekraft angelockt – interessiert und neugierig näherkamen.

Bis heute ist Ida Dümke für uns ein Ausrufezeichen und eines unserer Aushängeschilder: Sie steht für weibliches Selbstbewusstsein, mit dem wir unsere Anliegen auch besonders in unserem Jubiläumsjahr 2024 zu 45 Jahren Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik vortragen.

FrauenMediaTurm

„Wiever alaaf! Bayenturm seit gestern in Frauenhand.“

Diese Überschrift nutzte die Zeitschrift Express Köln am 27.08.1994, um auf die Feierlichkeiten zur Eröffnung des FrauenMediaTurms hinzuweisen. Gleich drei Tage lang feierte das Feministische Archiv, wie es damals noch hieß, seinen Einzug in den mittelalterlichen Bayenturm, der die umfangreichen Bestände nun öffentlich zugänglich machte. 

Wir haben uns im Hausarchiv umgesehen und zwei Ordner mit Unterlagen zu Planung und Ablauf der Eröffnungsfeier vor 30 Jahren entdeckt. Demonstrationen der Arbeitsweise im Archiv, künstlerische Installationen, Pappaufsteller der feministischen Karikaturistin Franziska Becker und Kunst- und Musikperformances – das war das Programm zum Einzug. Ein besonderes Highlight war die Ton- und Lichtshow „Der Frauenturm“, die die Künstlerinnen Marlene Streeruwitz und Sorrel Hays für die Eröffnungsfeier konzipiert hatten. Der Bayenturm als Standort wurde nicht zufällig ausgewählt. Gründerin Alice Schwarzer wollte der Geschichte der Frauen einen prominenten Platz in der Stadt verschaffen. „Da sind die Frauen einmal nicht in der Besenkammer gelandet,“[1], so wird sie von zahlreichen Artikeln zur Eröffnung zitiert. Der Turm war schon früher ein Symbol für Emanzipation – die der Kölner BürgerInnen nämlich. Nun sollte er eins für die Frauenbefreiung werden.  

Heute beherbergt der FrauenMediaTurm etwa 80 000 Objekte. Zu den besonderen Beständen zählen die Tagebücher Minna Cauers, das große Bild- und Medienarchiv, sowie die Sammlung feministischer Zeitschriften aus der ganzen Welt. BesucherInnen sind herzlich willkommen, sei es zur Recherche im Lesesaal, öffentlichen Führungen oder unserem Jubiläumsfest im August – weitere Infos folgen.

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[1] Hüllenkremer, Marie. Mit Macht in den Turm. 588/6. Hamburg. 1994.

Feministische Bibliothek und Archiv MONAliesA

Als die DDR 1989 zerfiel, standen Frauen in Ostdeutschland vor massiven Herausforderungen und Umbrüchen in ihrem Leben und Arbeiten. In Leipzig gründete sich 1989 das Neue Forum, das Oppositionelle und ihre Forderungen vereinte. Die im Neuen Forum organisierten Frauen gründeten „ausgehend von den Bedürfnissen der Frauen, die bisher in keiner politischen Bewegung der DDR entsprechende Beachtung finden, als partei- und organisationsübergreifende, basisdemokratische Interessenvertretung der Frauen“[1] 1990 die Fraueninitiative Leipzig (FIL). Autonom vom Neuen Forum wollten sie dringend notwendige politische Arbeit leisten.

1992 drohte mit der Übernahme des BRD-Rechts die Einführung des § 218 und damit der Verlust des Rechts auf straffreie Abtreibung. Die Frauen der AG § 218 der FIL wehrten sich entschlossen im Sommer 1992 mit verschiedenen Aktionen. Dokumente zur politischen Arbeit der Fraueninitiative Leipzig lagern heute im Archiv der MONAliesA. Der Kampf um die Beibehaltung des Rechts auf Abtreibung wurde verloren. Der Paragraph 218 reguliert bis heute die körperliche Selbstbestimmung und trotz intensiver Kämpfe der feministischen Bewegung ist keine Abschaffung des Paragraphen in Sicht.

Die Feministische Bibliothek und Archiv MONAliesA ist 1990 aus der Fraueninitiative Leipzig heraus als Ort der Bewegung entstanden und hat bis heute die Räume der auf dem Archivmaterial angegebenen Adresse inne. Als erste und aktuell größte Institution ihrer Art in Ostdeutschland sammelt sie Dokumente der ostdeutschen Frauenbewegung, aber auch zeitgenössische Archivalien der queer/feministischen Szene. Zusätzlich zum Sammeln und Erschließen wird auch digitalisiert und kontextualisiert: In Projekten werden Fragestellungen zur Situation von Frauen 89/90 anhand des eigenen Archivbestands erörtert. Die MONAliesA existiert im Dreiklang Bibliothek, Archiv und (politischer) Ort, der Raum für feministische Gruppen, Veranstaltungen und Themen bietet. Seit ihrer Gründung ist die MONAliesA nicht nur mit der Bewegung verknüpft, sondern versteht sich, damals wie heute, als aktiver Teil von ihr, der Anschluss an aktuelle Feminismen, Themen und Aktionsformen findet. Mit eigener bewegter Geschichte, Vereinspleite und der Neugründung 2014 feiert die „neue“ MONAliesA in diesem Jahr den 10. Geburtstag. So nutzen wir den Tag der Frauenarchive nicht nur, um auf Archivmaterialien und den wichtigen Kampf gegen § 218 aufmerksam zu machen, sondern auch um zu sagen: 34 Jahre nach der Wende sind wir immer noch da und wir sind so widerspenstig wie schon 1992!

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Brief von: Elf gegen den § 218 entschlossene Frauen / Seite 1
Quelle
Feministische Bibliothek und Archiv MONAliesA
Bildunterschrift
Anbringung unseres Archivschilds, ohne Signatur
Bildunterschrift
Hedwig Dohm auf den ersten Printprodukten des AddF, ohne Signatur

Archiv der deutschen Frauenbewegung

Seit 1988 gibt es den Tag der Frauenarchive - und seit 1984 gibt es unser Frauenarchiv - wir feiern dieses Jahr 40. Geburtstag und sind überglücklich darüber.

Das Archiv der deutschen Frauenbewegung kann 2024 auf 40 bewegte Jahre zurückblicken – auf Erfolge und Rückschläge, auf erfüllte und enttäuschte Hoffnungen, auf ergriffene und vertane Chancen, auf entschiedenen Gestaltungswillen und überbordende Bürokratie, auf die fragile Balance von selbstbestimmter und selbstausbeuterischer Arbeit, und auf viele, viele Diskussionen. Es war so aufregend wie anstrengend, so energiegeladen wie kräftezehrend, so schöpferisch wie erschöpfend. Nur langweilig war es nie. Und das Vorhaben wurde in einem Ausmaß realisiert, das sich anfangs wohl keine hätte vorstellen können.

Am 08. März 1984 - dem internationalen Frauentag - öffneten die Türen unseres allerersten Standorts. In der Zeit seines Bestehens hatte das Archiv der deutschen Frauenbewegung drei feststehende Adressen mit immer größer werdenden Depotflächen für Nachlässe von Personen, Institutionen und Vereinen, immer besseren Möglichkeiten der Professionalisierung und einem stets wachsenden Team. Wir sind froh, dass das AddF bis heute als Ort wahrgenommen wird, an den frauenbewegte Frauen gerne ihre gesammelten Schätze geben; dies ist nicht nur für uns als Archiv und Forschungsstelle extrem wichtig, sondern auch für die zukünftigen (forschenden) Generationen. 
Welche Irrungen und Wirrungen die Mitarbeiterinnen und das Archiv in 40 Jahren erfahren haben, das ist auch Thema unserer diesjährigen Social-Media Jahresserie #40JahreAddF. Zusätzlich erscheint in Kürze eine Jubiläumsschrift mit dem Titel „Frauen finden ihre Geschichte“.

Wenn Sie also Interesse an der Geschichte und den Beständen rund um das AddF haben, schauen Sie gerne auf unserer Website und Social Media Kanälen (X @AddF_Kassel, Instagram @addf_kassel) vorbei. Der Monat Mai ist auch für uns ganz besonders, denn diesen Monat zeigen unsere Mitarbeiterinnen ihre ganz persönlichen Lieblingsstücke aus dem AddF - vom Ort, zum arbeitstechnischen Alltagsgegenstand bis zu individuellen Archivalien. Seien Sie gespannt!

Louise-Otto-Peters-Archiv

Bis heute kennen fast alle in Vereinen Engagierten diese Herausforderung: Wie geeignete Räumlichkeiten finden, finanzieren und erhalten? Viele Projekte und Initiativen der ostdeutschen Frauenbewegung waren nach 1990 mit dem Problem konfrontiert und mussten teilweise deshalb sogar ihre Aktivitäten aufgeben. Der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. (LOPG) gelang es 1997, Räume zu finden und dort 1998 ihr Archiv zu eröffnen. Seitdem musste das Archiv mehrmals umziehen. Nicht immer war klar, wie es im kommenden Jahr weitergehen konnte. Davon haben sich die engagierten Archiv-Frauen (und die wenigen Archiv-Männer) nie unterkriegen lassen.

Eröffnet wurde das Louise-Otto-Peters-Archiv (LOPA) 1998, fünf Jahre nach der Vereinsgründung, in der 2. Etage eines ehemaligen Elektrizitätswerkes in der Leipziger Innenstadt (Magazingasse 3). Noch im selben Jahr musste alles eingepackt werden und man zog in die Talstraße 30, in Räume über einem Puppentheater. Dort erhielt der Verein nach kurzer Zeit überraschend die Kündigung und zog 2000 in die Waldstraße 23. Acht Jahre war das Archiv hier ansässig und bis heute werden Geschichten von losen Treppenstufen und engen Räumen erzählt. 2008 zog man erneut um, nun in das Vereinshaus im Leipziger Osten. Dort war die LOPG in guter Gesellschaft und konnte mit den anderen Vereinen gemeinsam einiges auf die Beine stellen. Auch hier die Zeit begrenzt und die Archiv-Frauen mussten 2016 wieder Kisten packen. Der Umzug in das Haus des Buches (Gerichtsweg 28) erfolgte. Mit den neuen Räumlichkeiten wurde ein bis dato nicht gekannter Komfort erreicht, denn es handelt sich bei dem Haus des Buches um ein modernes Büro- und Veranstaltungsgebäude. Bis heute ist das Archiv hier ansässig. Aus der Raumnot heraus entstanden zum Teil bis heute bestehende Vernetzungen von unterschiedlichen Vereinen und Initiativen.

Von den Umzügen erzählen unter anderem Fotos im Nachlass von Johanna Ludwig, die diese und andere Alltagsmomente aus der Archivgeschichte festhielt.

Bildunterschrift
Auszug aus der Magazingasse, 1998

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