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9. September - Tag der Freundinnen

Teasertext

Am 9. September ist Freundinnen-Tag! Daher zeigen unsere i.d.a.-Einrichtungen im September ihre Schätze zum Thema Frauenfreundschaften.

Text

„Freundschaft verzaubert, sie macht gute Zeiten noch besser und lässt uns die schlechten vergessen.“ - Maeve Binchy

Freundschaften sind seit jeher Thema in Literatur, Kunst, Philosophie und Forschung. Sie zählen mit zu den wichtigsten Beziehungen im Leben von Menschen. Ob langjährig oder nur kurzzeitig, politisch, ökonomisch, künstlerisch, erotisch – die Facetten sind vielfältig. Lange Zeit in der Geschichte galt Freundschaft jedoch als ein Prinzip, dass nur zwischen Männern existierte. Ob bei Aristoteles oder Schiller und Goethe – sie waren der Meinung, nur Männer seien freundschaftsfähig. Heute ist klar: Ausschlaggebend für eine Freundschaft ist nicht das Geschlecht, wichtiger sind gemeinsame Werte und Interessen sowie eine ähnliche Grundhaltung, das „auf einer Wellenlänge sein“.

Dennoch sind Freundschaften unter Frauen auch etwas Besonderes und können gerade im Kontext der Frauenbewegung(en) zum Beispiel auch eine politische Komponente haben. Um die „Freundinnenschaft“ zu feiern, rief der Kölner Frauengeschichtsverein, eine unserer i.d.a.-Einrichtungen, 2010 den Freundinnen-Tag ins Leben. Seither erinnert der 9. September jährlich an eine der wichtigsten Beziehungen im Leben von Frauen. Aus diesem Anlass stellen die i.d.a.-Einrichtungen in diesem Monat ihre Schätze zum Thema Frauenfreundschaften vor.

Abschiedsbrief / Seite 2
Quelle
Frauenmediaturm – Feministisches Archiv und Bibliothek

Handschriftlicher Abschiedsbrief von Minna Cauer an Muschka von Witt vom 15. Juli 1922 

FMT - FrauenMediaTurm

Eine Freundschaft für die Ewigkeit

„Muschka, große, liebe Freundesseele, Sie standen zu mir in Freud u. Leid,“ schreibt die Frauenrechtlerin Minna Cauer in ihrem Abschiedgruß vom 15. Juli 1922. Dieser liegt als Original im FrauenMediaTurm und ist digital im meta-katalog des i.d.a. Dachverbands nachzulesen. Der Brief ist an „[m]eine einzig liebe und teure Muschka“ adressiert – wer sich dahinter verbirgt? Eine langjährige Freundin Minna Cauers: Emma „Muschka“ von Witt.

Im November 1863 bekam das Paar Emma und Wilhelm Elben in St. Petersburg ein „gesundes Mädchen“ (Schwäbischer Merkur, 26.11.1863) – ihre Tochter Louise Johanna Emma Elben. Unglücklich in ihrer Ehe reiste diese – bereits Mutter dreier Kinder – nach Berlin und lernte dort Minna Cauer kennen. In ihrem unveröffentlichten Manuskript „Erinnerungen einer alten Freundin“, das wir fragmentarisch im FMT vorliegen haben, schreibt sie über diese für sie so bedeutungsvolle Begegnung, dass sie aufgrund der neu entstehenden „Freundschaft und Verehrung“ endgültig von St. Petersburg nach Berlin ziehe. (FMT, P01-Cauer-14: Witt n.A., 65). Sie engagierte sich fortan in der Frauenbewegung und es verging kaum ein Tag, an dem sie Minna Cauer nicht sah.

Über ihre Beziehung zu Minna Cauer schreibt Emma: „Sie war mir alles, Führerin, Freundin, Beraterin, Erzieherin zum Leben“ (ebd., 63). Minna Cauer selbst beschrieb in ihren Tagebüchern Begegnungen mit anderen Frauen oft sehr ausführlich. Deshalb wissen wir, dass viele ihrer politischen Freundschaften – beispielsweise zu Anita Augspurg und Marie Stritt – von Konflikten geprägt waren (vgl. den Essay zu den Tagebüchern Mina Cauers im DDF) Die 30-jährige stabile und loyale Freundschaft von Emma war auch deshalb einzigartig für Cauer. Diese besondere Beziehung wird auch in ihrem Abschiedsgruß deutlich.

 

Sammlung Frauennachlässe

Vielfältige Spuren von Freundinnenschaften in den Vor- und Nachlässen

Freundinnenschaften zählen für Mädchen und Frauen* häufig zu den wichtigsten Beziehungen in ihrem Leben. Entsprechend finden sich auch in Vor- und Nachlässen oft Spuren davon. Um diese besonderen Quellen sichtbar zu machen, wird im Verzeichnis der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien das Schlagwort „Freundinnenkorrespondenzen“ eigens vergeben. Aktuell sind in den insgesamt 281 dokumentierten Korrespondenzbeständen 52 Briefwechsel von Freudinnen verzeichnet.

Abgesehen davon können Beziehungen zwischen Mädchen und Frauen* noch anhand sehr unterschiedlichen weiterer auto/biografischer Formate belegt, bezeugt und geschworen worden sein: Neben Einträgen in Poesielaben waren das etwa Widmungen auf Gruß- und Geschenkkärtchen, die beide um 1900 für gewöhnlich mit der Formulierung „Deinedichliebende Freundin“ unterfertigt waren. Ein zentrales Medium sozialer Beziehungen waren weiters Fotografien: Darauf konnten sich Freundinnen zum einen gemeinsam ablichten lassen – zum anderen wurden Portraitbilder auch als Beweise von gegenseitiger Zuneigung ausgetauscht.

Diese Praktiken des Anfragens, Weitergebens und Verwaltens dieser Objekte sind einer der Forschungsschwerpunkte der Historikerin Li Gerhalter, die auch die Sammlung Frauennachlässe stellvertretend leitet. Im Text „Erika hätte so gern ein Bild von Koch“ hat sie dazu exemplarisch Mädchenklassen mittlerer Schulen in Österreich und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts untersucht. Dass dabei das Aufkommen der mobilen Fotoapparate in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu fundamentalen Veränderungen geführt hat, ist eines der vielleicht überraschenden Ergebnisse dieser Analyse. Der Text ist vor wenigen Wochen im Sammelband „Schülerinnen- und Schülerleben im 19. und frühen 20. Jahrhundert“ erschienen.

Webseite Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien

Literatur:

Li Gerhalter: „Erika hätte so gern ein Bild von Koch“. Materielle Erinnerungskulturen in Mädchenschulen in Österreich und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Daniel Gerster und Carola Groppe (Hg.): Schülerinnen- und Schülerleben im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Aufwachsen, Alltag und Freizeit von Schüler:innen höherer Schulen im deutschen Sprachraum und ihre Erforschung, Bad Heilbrunn, S. 141-160. (Link zur Verlagsbeschreibung)

Mehr zur Sammlung Frauennachlässe

Bildunterschrift
Brief an die „Liebe Freundin“ Elisabeth Kerntler (geb. 1838) mit Glückwünschen zu ihrer Verlobung von Antonia Schöpfer, Reinprechtsdorf in Wien, 10. Juli 1872 (Seite 1)

 

Bildunterschrift
Brief an die „Liebe Freundin“ Elisabeth Kerntler (geb. 1838) mit Glückwünschen zu ihrer Verlobung von Antonia Schöpfer, Reinprechtsdorf in Wien, 10. Juli 1872 (Seite 2)

 

 

Bildunterschrift
Die Kopien der Neuen Bahnen im Louise-Otto-Peters-Archiv, Leipzig.

 

Bildunterschrift
Die Kopie der Neuen Bahnen, Ausgabe No. 18 von 1890 mit dem Artikel über Weibliche Freundschaft von Louise Otto-Peters auf der ersten Seite im Louise-Otto-Peters-Archiv, Leipzig.

Louise-Otto-Peters-Archiv

Otto-Peters, Louise (1890): Weibliche Freundschaften. In: Neue Bahnen, Band 25 (No. 18), S.137-140.

Freundinnenschaft ist ein Thema was die modernen Zeiten über Generationen hinweg beschäftigt. So reflektierte Louise Otto-Peters im fortgeschrittenen Alter von 71 Jahren darüber, wie sich Freundschaften unter Frauen und Mädchen in den (von 1890 aus) letzten Jahrzehnten veränderten hatten. Darüber schreibt sie in einem Artikel der Neuen Bahnen, dem Organ des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins. Sie beobachtet dabei eine Veränderung, die sie unmittelbar mit technologischen Neuheiten verknüpft. So seien junge Frauen früher weniger gehetzt gewesen und konnten sich als Mädchen stundenlang unterhalten, während sie nebenbei Handarbeiten machten. Mittlerweile habe die Nähmaschine Einzug gehalten und durch die verbesserten Reisemöglichkeiten mit der Eisenbahn wären dauernd alle unterwegs, sodass sie für einander kaum noch Zeit hätten. Otto-Peters sieht außerdem, dass vielen Frauen bedingt durch ihre Erwerbsarbeit zu wenig Zeit bleibe, um Freundschaften auf herkömmliche Weise zu pflegen.

Neben den Veränderungen bei Freundinnenschaften jüngerer Frauen, reflektiert sie über Vor- und Nachteile des Zusammenlebens älterer Frauen. Sie bezieht sich dabei auf Alleinstehende, die früher bei ihren Familien hätten wohnen müssen, nun aber gemeinsam mit anderen alleinlebenden Frauen Haushalte bildeten. Die Vorteile sieht Louise Otto-Peters nicht nur in der ökonomischen Situation (also welche Kosten man gemeinsam sparen könnte im Vergleich zum Leben alleine), sondern auch in der sozialen: Wohngemeinschaften machen die Eigenheiten des Alters erträglicher und Wirken der Einsamkeit entgegen. Der einzige feststellbare Nachteil ist für Otto-Peters, dass, wenn diese Wohngemeinschaften nicht funktionieren, es schmerzhaft sei, wieder auseinander zu gehen.

Dass Freundschaft der romantischen Liebe stark ähnelt, zieht sich durch Louise Otto-Peters‘ gesamten Artikel. So ist es auch folgerichtig, dass er in gekürzter Fassung 2005 in der Ausgabe 48 der Ariadne abgedruckt wurde, die unter dem Titel erschien „Das Höchste und Beste des Lebens“? Paar(re)konstruktionen im 19. und 20. Jahrhundert. Im Louise-Otto-Peters-Archiv in Leipzig kann man sowohl diese (wie viele andere Ausgaben der Ariadne) lesen und ausleihen, als auch Kopien der Neuen Bahnen studieren. Das vollständige Transkript von Louise Otto-Peters‘ Artikel über „Weibliche Freundschaften“ steht auf der Internetseite der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. zur Verfügung. Die Ausgabe der Neuen Bahnen ist als Digitalisat über die Gerritsen Women's History Collection online verfügbar. Der Artikel bot anlässlich des diesjährigen Tag der Frauenarchive im Louise-Otto-Peters-Archiv reichlich Gesprächsstoff und eignet sich gut, um Freundschaften im eigenen Leben zu reflektieren.

Mehr zum Louise-Otto-Pertes-Archiv

AddF - Archiv der deutschen Frauenbewegung

Wie wichtig eine gute Freundin als Unterstützerin im Alltäglichen sein kann zeigt ein Blick in einen Brief der Schriftstellerin und wichtigen Akteurin in der Revolution von 1848, Fanny Lewald (1811–1889): sie ist nur in der Lage, den vorliegenden Brief zu schreiben, da ihr eine gute Freundin die Hand leiht.

Und auch ein offenes Wort unter Freundinnen ist in manchen Briefen zu finden. So schreibt die Frauenrechtlerin Marianne Menzzer (1814-1895) ihren Freundinnen erstaunlich ehrlich und ungeschönt über den Verlust der Ideale und Gesinnungen von 1848, die sie vor allem an der Schriftstellerin Malwida von Meysenbug (1816-1903) zu bemängeln hat. Der Briefverkehr lässt schließen, dass Briefe und Inhalte an verschiedene Wegbegleiterinnen weitergetragen wurden – quasi die verschriftlichte Form von Klatsch und Tratsch unter Freundinnen.

Wichtig war Freundinnenschaft außerdem in der alten Frauenbewegung - nicht nur aufgrund der emotionalen Unterstützung durch die Weggefährtinnen, sondern auch aus finanziellen Gründen, individuell und insitutionell. So unterstützte zum Beispiel Anfang des 20. Jahrhunderts die "Gertrud-Bäumer-Stiftung für die Altershilfe der Frauenbewegung"unbemittelte Mitstreiterinnen. In dieser Tradition sieht sich unser Förderverein, die Freundinnen des AddF; ihnen geht es bei der Unterstützung unseres Archivs „um die Sicherung einer Institution, die für die Frauengeschichte und -bildung unverzichtbar ist“.

Auch Marianne Weber (1870-1954) schrieb 1935 in ihrem Buch „Die Frauen und die Liebe“ wie wichtig und von existenzieller Bedeutung Frauenbeziehungen sind. Dabei hatte sie nicht nur die persönliche Zuneigung im Blick, sondern auch die Verbundenheit durch gemeinsame Berufs- oder sonstige Interessen.  (Cover)
Diesem Ansatz folgend, widmete sich im letzten Jahr die 78. Ausgabe unserer Zeitschrift Ariadne und nahm Frauenfreundschaften als politisches Konzept in den Blick. Unter dem Titel Politische Freund:innenschaft. Bündnisse, Netzwerke, Lebensgemeinschaften
handeln die einzelnen Beiträge von Freundinnenschaften als Teil von feministischer oder frauenpolitischer Bewegungspolitik, als Bündnis- und Netzwerkpraxis in Hinblick auf Beruf, Karriere und gesellschaftliche Position sowie als intime Lebenspraxis – mit ermutigenden wie entmutigenden Aspekten für die Beteiligten.

Mehr zum AddF - Archiv der deutschen Frauenbewegung

Brief von Fanny Lewald-Stahr an Ernst Rosenfeld, hs. / Seite 1
Quelle
AddF – Archiv der deutschen Frauenbewegung

Brief von Fanny Lewald-Stahr an Ernst Rosenfeld, 19.03.1886. AddF SP-9; 6.

Brief von Marianne Menzzer an Pauline und Mathilde Hassenstein, hs. / Seite 1
Quelle
AddF – Archiv der deutschen Frauenbewegung

Brief von Marianne Menzzer an Pauline und Mathilde Hassenstein, 09.07.1887, Sign. AddF Kassel, ST-36 ; 1-2/1. 

Brief von Marianne Menzzer an Pauline und Mathilde Hassenstein, hs. / Seite 1
Quelle
AddF – Archiv der deutschen Frauenbewegung

Brief von Marianne Menzzer an Pauline und Mathilde Hassenstein, 25.10.1887; Sign. AddF Kassel, ST-36 ; 1-2/2. 

Brief von Marianne Menzzer an Mathilde Hassenstein, hs. / Seite 1
Quelle
AddF – Archiv der deutschen Frauenbewegung

Brief von Marianne Menzzer an Mathilde Hassenstein, 19.05.1889; AddF, ST-36 ; 1-2/3. 

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