Die WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen weltweit nach wie vor als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen – mehr als jede dritte hat in ihrem Leben bereits sexuelle, physische und psychische Gewalt innerhalb oder außerhalb einer Partnerschaft erfahren. Am 25.11. findet deshalb seit 1999 der Aktionstag gegen Gewalt an Frauen statt. Er geht zurück auf die Schriftstellerin Ángela Hernández, die ihn 1981 auf einem Kongress karibischer und lateinamerikanischer Frauenrechtsaktivistinnen in Bogotá als Aktionstag vorschlug. Das Datum sollte an die Ermordung der drei Schwestern Mirabal erinnern, die gegen den dominikanischen Diktator Rafael Trujillo gekämpft hatten und 1960 vom Geheimdienst ermordet worden waren. Die Zweite Frauenbewegung nahm sich seit den 1970er Jahren weltweit des Themas Gewalt gegen Frauen an. Die zahlreichen Kämpfe für die Befreiung aus vergeschlechtlichten Gewaltverhältnissen und für Hilfe zur Selbsthilfe haben viele i.d.a.-Einrichtungen dokumentiert:
belladonna
O-Töne aus dem Bremer Frauenhaus 1988
baf Tübingen
Das Bildungszentrum und Archiv zur Frauen_Lesbengeschichte Baden-Württembergs (baf e.V.) und der Frauenbuchladen THALESTRIS machten 2021 anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2021 auf die Istanbul-Konvention aufmerksam: Durch eine offene Postkarte sollte die Istanbul-Konvention und deren Umsetzung bekannter gemacht werden.
Als Angehörige des Frauennetzwerks Tübingens haben baf e.V. und der Frauenbuchladen THALESTRIS eine offene Postkarte erarbeitet, die an Verwaltungen und politische Entscheiderinnen gesendet wurde. Mit dieser Postkarte fragten wir nach, was sie hinsichtlich der Istanbul-Konvention getan haben und tun. Wir baten darum, diese Aktion zu unterstützen:
Ganz einfach die Postkarte herunterladen, ausdrucken, adressieren, unterschreiben und versenden. Dazu war sie auf unserer Homepage verlinkt nebst Adressvorschlägen. Wir informierten kurz über die Istanbul-Konvention: Seit 2017 ist sie durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert und seit dem 1. Februar 2018 in der BRD rechtlich verbindlich. Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (https://rm.coe.int/1680462535), Istanbul-Konvention genannt, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag. Er schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Auf seiner Grundlage sollen sie verhütet und bekämpft werden. Er trat am 1. August 2014 in Kraft, seitdem haben ihn rund 50 Staaten unterzeichnet.
Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich:
- Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen;
- Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen;
- einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu leisten;
- eine ‚echte‘ Gleichstellung von Frauen zu fördern;
- umfassende Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen zu ergreifen;
- die internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen zu fördern;
- Organisationen und Strafverfolgungsbehörden dabei zu unterstützen, mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hinzuarbeiten.
ausZeiten
Als die Frauen und Lesben der Bochumer Frauenhaus-Initiative 1977 ihre Arbeit aufnahmen, waren sie sicher: Bochum braucht ein autonomes Frauenhaus! Wie schwer das umzusetzen war, wurde ihnen nicht nur im internen Austausch rund um die Zielsetzungen der politischen Frauenhaus-Arbeit klar, sondern auch in der Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden. In zähen Diskussionen rangen sie erst um die Anerkennung von Gewalt gegen Frauen durch die Verwaltungen, dann um die Finanzierung und schließlich um ein Haus. Trotz ihrer jahrelangen Arbeit lösten die Frauen Anfang der 1980er-Jahre ihre Initiative auf – feministische Sozialarbeit sei nicht möglich, sie würde die bestehenden Missstände ausglätten und damit Gewalt gegen Frauen gesellschaftlich ertragbar machen, nicht aber die Frauen befreien. Ein autonomes Frauenhaus sollte es in Bochum nie geben, ein gebasteltes aber schon.
Archiv der deutschen Frauenbewegung
Im Archiv der deutschen Frauenbewegung (AddF) finden sich auch zahlreiche Quellen zur autonomen Kasseler Lesben-/Frauenbewegung. So u.a. Materialien zur vom Frauenhaus Kassel 1984 initiierten und mit vielen Aktivistinnen und Künstlerinnen umgesetzten Ausstellung "Gewalt gegen Frauen". Fast ein Jahr lang wurde am Projekt gearbeitet bis die Ausstellung am 3.12.1984 in der Orangerie, einem historischen Prestigeort, in Kassel eröffnet wurde. Ziel der Ausstellung und des Katalogs war, sich "nicht allein an offener direkter Gewaltausübung" zu orientieren, sondern "Verbindungslinien zwischen direkter, versteckter und struktureller Gewalt zu ziehen", da "Mißhandlung und Vergewaltigung von Frauen nicht als isoliertes Phänomen verstanden werden kann, sondern im Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher frauenfeindlicher Werte und Strukturen zu sehen ist".
Die Ausstellung sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit und wurde in vielen Orten gezeigt u.a. in der "Kampnagelfabrik" in Hamburg, im Frauenmuseum in Bonn und im Erlanger Rathaus-Foyer. In der Ausstellung wurde z.B. ein gynäkologischer Stuhl mit dem Torso eines männlichen Unterleibs präsentiert. Dieser sorgte in Erlangen für Wirbel und sollte entfernt bzw. so integriert werden, dass Menschen, die die Ausstellung nicht besuchen wollten, ihn nicht unweigerlich beim Betreten des Rathauses sehen mussten. Letzteres wurde schließlich - zum Ärger der Künstlerin - umgesetzt und er verschwand hinter einer Stellwand.
Studentische Frauenbibliothek LIESELLE
Ab dem Sommersemester 1986 erschien der erste Emanzen Express, eine Semesterzeitschrift, die vom Autonomen Frauen- Lesbenreferat unter Mitarbeit zahlreicher Frauen in aufwendiger Redaktionsarbeit mit viel Liebe zum Detail und ganz viel Witz gestaltet und herausgegeben wurde – von wegen feministische Spaßverderberinnen! Die Bildsprachen der Emanzen Expresse zeugen von einem ernsthaften und zugleich humorvollen Umgang mit den alltäglichen Widrigkeiten des heterosexistischen Unialltags. Mit Schwerpunktthemen unter anderem zu Männergewalt gegen Frauen, Frauen und Kolonialismus, zu Lesben und zu Rassismus wurde eine Bandbreite von Themenfeldern abgedeckt, welche die radikale Gesellschaftskritik sichtbar macht, die die politisch aktiven Frauen und Lesben an der RUB im Blick hatten.
Inhalt der Ausgabe:
Enthalten in der Ausgabe des Emanzen Express von 1986 sind bspw. ein Artikel über strukturelle Gewalt im Verhältnis zu Diskriminierung und offener Gewalt oder Erfahrungsberichte aus der Frauengruppe gegen Männergewalt an der RUB, aber auch Literaturempfehlungen zum Thema Gewalt gegen Frauen.
FFBIZ
Das Foto entstand am 2. Dezember 1983 auf der Frauendemonstration anlässlich der Ermordung von Susanne Matthes im November 1983 in Berlin-Neukölln. Die Nachtaufnahme zeigt den Zug der Demonstrantinnen gegen Gewalt gegen Frauen durch die Stadt. Einige von ihnen halten ein Transparent hoch mit der Aufschrift "Es ist Krieg zwischen Männern und Frauen - Ich geh‘ jeden Tag hin".
FrauenMediaTurm
Cristina Perincioli gehört zu den Pionierinnen der Frauenhaus-Bewegung in der BRD und Westberlin. Sie machte die Idee in der Bundesrepublik bekannt, führte Interviews und drehte Filme, die das Thema häusliche Gewalt aus dem Privaten in die Öffentlichkeit holten. So produzierte sie mit Bewohnerinnen des Berliner Frauenhauses den Film Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen, der 1978 im ZDF ausgestrahlt wurde. Der FMT hat Cristina Perincioli im Rahmen eines Projektes zu feminstischen Pionierinnen dazu interviewt: