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Frauen* in MINT-Fächern

Teasertext

Anlässlich des 75. Todestages von Mileva Marić (1875 – 1948) legen die i.d.a.- Einrichtungen im Monat August ihren Fokus auf Frauen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – kurz: MINT!

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Mileva Marić (1875 – 1948), verh. Einstein, war Physikerin und eine der ersten Frauen, die ein Mathematik- und Physikstudium (am Polytechnikum in Zürich) absolvierte – am 04. August 2023 ist ihr 75. Todestag. Marićs Biografie zeigt eindrucksvoll die vielen Probleme, denen sich eine Frau auf dem Gebiet der Physik stellen musste und wie sie mit diesen umging; leider konnte sie nicht alle Widrigkeiten überwinden.

Und auch bis heute hält sich in der breiten Gesellschaft viel zu hartnäckig das Gerücht, dass Frauen* unbegabt in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern seien und eher in sprachlichen und künstlerischen Fächern ihre Leidenschaft suchen sollten. Dabei ist die Zahl an Frauen*, die beeindruckenden Dinge in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik geleistet haben, nicht klein, ihre Geschichte nicht kurz.

Hypatia, die schon in der Antike öffentlich Mathematik lehrte; Hildegard von Bingen, die Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin im Mittelalter revolutionierte; Caroline Herschel, die ihren Bruder im 17. Jahrhundert maßgeblich bei der Entdeckung des Uranus unterstützte, selbst ein komplettes Buch über Sternenkonstellationen verfasste und mehrere Kometen und Nebel entdeckte; Ada Lovelace, die im 19. Jahrhundert den ersten Algorithmus schrieb; Mary Anderson, die im Jahr 1903 den Scheibenwischer erfand; Rosalind Franklin, die die DNS-Struktur der Doppelhelix erkannte, die beim Nobelpreis aber übergangen wurde… die Liste ist lang und hier bei Weitem noch nicht zu Ende.

Es gab schon immer Frauen*, die in MINT Fächern brillierten – und doch oftmals übersehen und nicht ausreichend gewürdigt wurden, ob aufgrund von vorherrschenden Rollenklischees, Sexismus, Prestigegründen oder aus ganz anderen Motiven.

Dies können und wollen wir so nicht stehen lassen und es inspirierte uns, in unseren Beständen zu stöbern und euch zu zeigen, was wir von Frauen* in MINT-Fächern zu berichten haben.

Louise-Otto-Peters-Archiv

Bildunterschrift
„Statisch-mechanische Untersuchungen über die Haltung der Schwangeren: Inaugural-Dissertation vorgelegt der hohen medicinischen Facultät Zürich von Anna Kuhnow aus Drossen (Preußen...)“, veröffentlicht bei A. Th. Engelhardt, 1889.
Bildunterschrift
Dr. Anna Maria Kuhnow, Zeichnung von 1893

 

Zum Bestand des Louise-Otto-Peters-Archivs Leipzig gehört die Dissertation von Anna Kuhnow (1859-1923) zum Thema „Statisch-mechanische Untersuchungen über die Haltung der Schwangeren: Inaugural-Dissertation vorgelegt der hohen medicinischen Facultät Zürich von Anna Kuhnow aus Drossen (Preußen...)“, veröffentlicht bei A. Th. Engelhardt, 1889. Mit Fördermitteln des DDF digitalisiert, steht sie bald auch online zur Verfügung.

In einer Zeit, als in Deutschland die Studierfähigkeit der Frauen bezweifelt wurde und weit vor der Einrichtung der ersten deutschen privaten Gymnasialkurse für Mädchen waren Frauen in der Schweiz bereits zum Studium zugelassen. Nach den ebenfalls aus Deutschland stammenden Frauen Franziska Tiburtius (1843-1927) und Emilie Lehmus (1841-1932), die an der Universität Zürich Medizin studiert, promoviert und in Berlin die erste Poliklinik weiblicher Ärzte für Frauen und Kinder eröffnet hatten, schrieb sich Anna Kuhnow 1884 an der Medizinischen Fakultät Zürich ein und promovierte 1889 (s.o.).

Aus einer unvermögenden Familie stammend, konnte sie ihren Wunsch, Ärztin zu werden nur über Umwege verwirklichen, dabei finanziell unterstützt vom Stipendienfonds des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, dessen Mitglied sie war, zur Förderung des Frauenstudiums, insbesondere der Naturwissenschaften/Medizin.

Ihr weiterer Lebens- und Berufsweg (unter anderem 1892 erste approbierte niedergelassene Ärztin in Leipzig, Ärztin von Louise Otto-Peters) und ihr Engagement für Frauenbildung, Gesundheitspflege und – Reformkleidung ist nachlesbar im Online-Portal „Frauen machen Geschichte. Leipziger Frauenporträts“, einem Projekt der LOPG, darin weitere Medizinerinnen-Porträts, so von Dr. Hope Bridges Adams-Lehmann (1855-1916), Dr. Martha Emilie Johanne Sochatzy, verh. Ackermann (1860-1940), Dr. Anna Moesta (1867-1945), Emma Rauschenbach (1870-1946), Dr. Margarete Blank (1901- 1945), Prof. Dr. med. habil. Lykke Aresin (1921.2007) und Dr. Ruth Pfau (1929-2017) sowie der Meteorologin Dr. Luise Lammert (1886-1946).

Ebenfalls im LOPOA zu finden ist die Dissertation von Gertrud Wencke Zink: Anna Marie Kuhnow (1859-1923). Leben und Werk der ersten in Leipzig praktizierenden approbierten Ärztin, Universität Leipzig, 2000.

mehr zum Louise-Otto-Peters-Archiv

Lette-Verein Berlin

Frauen und Technik – das Digitalisierungsprojekt im Archiv des Lette-Vereins

„Am eindringlichsten freilich sind die Sektionen. Dabei ganz den gefühlsmäßigen Eindruck auszuschalten, wird der technischen Assistentin nie gelingen, wenn auch vielleicht die Frau hierin widerstandsfähiger ist als der Mann.“ - schreibt die Technische Assistentin Frida Haufler 1928 (Die technische Assistentin an medizinischen Instituten / hrsg. V. Marie Kundt. Stuttgart, Enke, 1928. S. 106). Sie arbeitete an der Prosektur des Katharinenhospitals in Stuttgart.

Die Technische Assistentin galt als Frauenberuf. 1890 hatte der Lette-Verein in Berlin seine Photographische Lehranstalt eröffnet. Hier konnten Frauen berufliches Wissen und Können auf Basis der damals brandneuen Technik Fotografie erlernen. Die Lehrgänge waren zunächst breit angelegt. Der Unterricht umfasste Photographische Übungen, Chemie, Optik, Elektrizitätslehre, Retusche, Reproduktionsverfahren, Übermalen, Zeichnen und Buchführung. So waren die Absolventinnen vielseitig einsetzbar und gingen in neu entstehende Arbeitsfelder. Es entwickelten sich Frauenberufe, die ohne männliche Konkurrenz waren. Ein weit verbreiteter und angesehener Beruf war um 1900 die Retuscheurin. Eine Erfolgsgeschichte war die „Photographische Schwester“ – später medizinisch-technische Assistentin für Radiologie. Dazu kamen bald die Berufe medizinisch-technische Assistentin für Laboratorien und für Metallografie. An der Entwicklung hatte Marie Kundt großen Anteil.

Im Digitalisierungsprojekt des Archivs im Lette-Verein 2022-23 werden Lehrmittelsammlungen aus dem fotografischen Unterricht erschlossen und digitalisiert. Sie machen Technikgeschichte lebendig und zeigen, dass Frauen im 19. Jahrhundert ganz vorn dabei waren.

Wir suchen die Quelle dieser Abbildung von Retuscheurinnen bei der Ausbildung. Wer kann uns helfen? Wir freuen uns über Informationen, wenn jemand die Zeitung oder Zeitschrift findet, in der das Bild abgedruckt war.

mehr zum Archiv des Lette Vereins

 

 

Bildunterschrift
Schülerinnen bei der Retusche in der Photographischen Lehranstalt im Lette-Verein. - Abbildung aus einer Zeitschrift 1897. Lette Verein Berlin – Archiv LV_A_103_04

 

Photographische Lehranstalt / Seite 1
Quelle
Lette-Verein, Berlin
Photographische Lehranstalt / Seite 1
Quelle
Lette-Verein, Berlin
Zeugnis der Photographischen Lehranstalt des Lette-Vereins / Seite 1
Quelle
Lette-Verein, Berlin
Die Metallographin / Seite 1
Quelle
Lette-Verein, Berlin

FMT - FrauenMediaTurm

Bildunterschrift
FMT, KU.21.043: Frauen verändern ihre Stadt 1993
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FMT, Z-F089: Heft 3 der Zeitschrift FREI • RÄUME
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FMT, BI.12.027-04: Dokumentation des 22. Kongreß von Frauen in Naturwissenschaft und Technik 1996

Frauen in Naturwissenschaft und Technik organisieren sich!

Vor 40 Jahren fand die erste Tagung der Feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen (FOPA) statt (Freiräume 1992/93, 7). Zwei Jahre vorher gründete Christiane Erlemann mit weiteren Frauen diesen Verein. Sie wollten ein Netzwerk für Architektinnen und Planerinnen aufbauen, um aus feministischer Perspektive über Städtebau und Raumplanung zu diskutieren.

Im Rahmen ihres Studiums an der RWTH organisierten Christiane Erlemann und Margarete Pauls eine Gesprächsgruppe „Feminismus und Ökologie“ und veranstalteten das erste bundesweite Treffen von Frauen in Naturwissenschaft und Technik (später abgekürzt als FiNuT). Auf dem zweiten FiNuT-Treffen bildete sich bereits eine Arbeitsgruppe zum Thema Ökologie. In der Dokumentation zum vierten Treffen im Februar 1979 berichtete die Arbeitsgruppe Alternative Technik und Ökologie, dass die meisten Teilnehmerinnen der AG bereits an praktischen Projekten beteiligt gewesen seien, darunter am Bau von Sonnenkollektoren, Biogasanlagen und Windgeneratoren (FMT, BI.12.027-04,13ff.). Nach und nach entstanden Ideen zu einer feministischen Ethik, die auf eine Kritik patriarchaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen abhob. Ressourcenschonende Energiegewinnung und Güterproduktion gehörten damit schon früh zu feministischen Ideen und Debatten über Ökologie und Ökonomie sowie Naturwissenschaft und Technik.

1983 gaben die FOPA-Gründerinnen die erste Ausgabe ihrer Zeitschrift FREI • RÄUME Streitschrift der feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen – FOPA e.V. heraus. Die FOPA-Tagung und ihre Zeitschrift ermöglichten Diskussionen. Vor allem in Fragen der Ökologie und Nachhaltigkeit, Sicherheit und Bewegungsfreiheit leisteten die Beteiligten Pionierinnenarbeit. Der Hauptfokus der Streitschrift lag auf den ökologischen Folgen und Möglichkeiten von Bebauung und Mobilität, und zwar in der BRD ebenso wie international. Ein Blick auf die Arbeit der Pionierinnen zeigt: die feministisch-ökologischen Ansätze der Planerinnen und Architektinnen der vergangenen Jahrzehnte sind höchst aktuell.

mehr zum FMT

Literatur:

FMT, BI.12.027-04: Protokoll der AG Alternative Technik und Ökologie, in: 4. Treffen von Frauen in Naturwissenschaft und Technik, S. 13 – 15.

FMT, Z-F089:1992/93-Sonderausg.: FREI • RÄUME Streitschrift der feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen – FOPA e.V. 1992/93

Louis, Chantal. 2022. Christiane Erlemann, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv, zuletzt aufgerufen am 07.07.2023 https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/christiane-erlemann

n.A. 2021. Christiane Erlemann, in: FrauenMediaTurm, zuletzt aufgerufen am 07.07.2023 https://frauenmediaturm.de/feministinnen/christiane-erlemann/

Archiv der deutschen Frauenbewegung

Obwohl sich die ersten Studentinnen Anfang des 20. Jahrhunderts auch naturwissenschaftlichen Fachrichtungen zuwandten, hat sich bis heute das Bild der >Männerdomäne< gehalten. Bis heute sind Frauen in Naturwissenschaft und Technik unterrepräsentiert.

Welche Hürden Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu überwinden hatten, wollten Sie den Beruf der Chemikerin ergreifen, wie sie sich durchgesetzt haben und welche Berufsmöglichkeiten sie hatten, zeigt eindrücklich ein Artikel in der Welt der Frau, der dort 1915 veröffentlicht wurde.

Die historischen Forschungen zu Frauen in Naturwissenschaft und Technik waren zunächst – ebenso wie auch in anderen Disziplinen – stark geprägt von der Suche nach (vergessenen und übersehenen) Akteurinnen. Eine Vielzahl von Veröffentlichungen arbeitete die Leistungen von Frauen an Entdeckungen oder an der Entwicklung einzelner Disziplinen heraus. Diese Studien betonten, dass sich Naturwissenschaftlerinnen – trotz vielfältiger Hindernisse – in einer >Männerdomäne< behaupten konnten und ihnen ein erheblicher Teil an der wissenschaftlichen Erkenntnissentwicklung zuzuschreiben ist.

Dies zeigt exemplarisch auch der Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung „Von der Antike bis zur Neuzeit – der verleugnete Anteil der Frauen an der Physik“ von 1993, der 1994 in einer zweiten, überarbeiteten Auflage erschien, da die erste Auflage schnell vergriffen war, denn die Ausstellung war sehr erfolgreich und das Aufzeigen einer langen Tradition an Vorgängerinnen in den Naturwissenschaften stieß auf großes Interesse. Im Kontext der Ausstellung entstand zudem ein vom Verein„Frauen in der Technik“ 1995 herausgegebener Kalender „Bedeutende Frauen in den Naturwissenschaften“ mit dem Schwerpunkt „Frauen in der Physik“. In den beiden Folgejahren erschienen noch die Kalender „Nobel-Frauen in den Naturwissenschaften. Nobelpreisträgerinnen und Wissenschaftlerinnen im Schatten von Nobelpreisträgern“ (1996) und „Pionierinnen an deutschen Hochschulen in Naturwissenschaft und Technik“ (1997).

Doch auch wenn in der Aufarbeitung der feministischen Naturwissenschafts- und Technikforschung bereits beachtliche Arbeit geleistet wurde, ist sie nicht abgeschlossen; zahlreiche Leerstellen in der Landkarte bezogen auf einzelne Disziplinen oder Teilgebiete weisen auf den immer noch bestehenden Forschungsbedarf hin.

Diesem Umstand widmete sich im Jahr 2002 bereits die 41. Ausgabe unserer Zeitschrift Ariadne. Unter dem Titel: „Reibung und Widerstand. Zu Forschung und Praxis in Naturwissenschaft und Technik“ veröffentlichten wir elf Beiträge, die sich mit der Thematik von Frauen in MINT-Fächern beschäftigten; sowohl biografische Beiträge, z.B. über die Chemikerin Emma Pilgrim oder Naturwissenschaftlerinnen an der Universität Wien, als auch historische Überblicke, z.B. zur Geschichte von Frauen in der Luftfahrt, im physikalisch-chemischen Frauenstudium um 1900 aber auch die Beteiligung von Naturwissenschaftlerinnen in der neuen deutschen Frauenbewegung sind im Heft enthalten.

mehr zum AddF

Bildunterschrift
Ariadne Heft 41, Ausstellungskatalog "Von der Antike bis zur Neuzeit" (Sign. 7652), drei Wandkalender zum Ausstellungskatalog (Sign.: A ; KL 1 ; ZDB).

 

 

Bildunterschrift
Else von Boetticher: Die Chemikerin, in: Die Welt der Frau, 1915 Nr. 25, hier: S. 387; Bestand AddF

 

Bildunterschrift
Else von Boetticher: Die Chemikerin, in: Die Welt der Frau, 1915 Nr. 25, hier: S. 388; Bestand AddF
Bildunterschrift
Else von Boetticher: Die Chemikerin, in: Die Welt der Frau, 1915 Nr. 25, hier: S. 389; Bestand AddF

 

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